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Offshore-Leaks: Julia Stein zur Auswertung der DatensammlungSolidarität mit Lothar König

“Volker, wie erträgst Du das, was da über Deinen Schirm geht?”

Das fragt mich ein Freund. Ob mich das nicht nach unten ziehe, was politisch passiert? Ihm selbst gehe es sehr so.

Ehrlich gesagt: es zieht mich nach unten. Ich komme mir vor wie auf einer Insel, und um mich tobt der Wahnsinn.

Ich habe Glück: privat lebe ich mit einer wunderschönen Frau zusammen, meine Familie hält mich, ich bin in der Schweiz quasi im Auge des Sturms. Da ich einen psychisch kranken Menschen betreue, kenne ich den Hartz-4-Wahnsinn aus nächster Nähe – jahrelang wurde diesem Menschen sogar die Grundsicherung vorenthalten. Erst ein regelrechter Feldzug, ein Krieg, den ich führte, hat ihm die für ihn überlebensnotwendige Sozialhilfe verschafft (diese Person ist abhängig von Medikamenten, Freunde und Familie stützten sie so lange, obwohl alle unter der Last ächzten, das sicher nicht mehr lange machen hätten können).

Vielleicht hält mich auch die Gewissheit: das wird nicht ewig so weitergehen. Und egal wie die Krise endet, danach wird es wieder aufwärts gehen. Und noch wäre es gar nicht zu spät, den Kurs zu ändern, und grössere Katastrophen zu vermeiden – allein, nichts deutet darauf hin, dass das passieren wird.

Ich habe selber jahrelang in Spanien gearbeitet, und was ich da mitkriege, davon wird mir nur noch schlecht. Dass ich einen Freund in Athen habe, blogge ich ja öfters. In Italien bin ich selber von Zeit zu Zeit, und auch hier beginnen die Krisensymptome alles andere zu überlagern.

Und doch ist gestern mit Offshore-Leaks endlich ein längst überfälliger Schritt passiert – quasi das letzte Aufgebot des Journalismus wirft sich in die Schlacht ;-) Ich setze da grosse Hoffnung rein. Denn all das müsste nicht sein. Nichts davon müsste passieren. Wenn, ja wenn im Wesentlichen wir Deutsche endlich aufwachen, uns umschauen, und uns empören würden. Hessel hatte recht! Es ist ja nicht nur so, dass wir auf Überschallgeschwindigkeit in die Talfahrt beschleunigen. Es ist auch so, dass wir in ungeahnte Höhen geklettert sind, von denen aus wir hinunter ins Chaos blicken: fast 70 Jahre ohne Krieg in Deutschland, mit einer stabilen Demokratie, mit der am besten gebildeten Generation jemals! Vielleicht wird einem deshalb schwindlig, wenn's so schnell wieder nach unten geht. Denn von da unten, da kommen wir Europäer ja her.

Wie ich letztlich damit umgehe? Nun, ich empöre mich. Ich leiste, was ich kann, um die anderen zu wecken. Aufwachen, es gibt ein drängendes Problem! Denn mir ist klar: wenn das genügend Leute machen, dann dreht sich die ganze Sache wieder um. Noch ist nichts verloren. Noch nicht.

Aber es wird Zeit.

publiziert Fri, 05 Apr 2013 03:56:41 +0200 #ineigenersache #kommentar

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